Der folgende Artikel erschien in der Jahresschrift 24 des Martinums:
Linus Knappheide (Jahrgangsstufe Q1) hat sein Praktikum Anfang 2020 im Bistumsarchiv in Münster absolviert. Aus seinem Praktikumsbericht hat die JS-Redaktion seine Erfahrungen für Sie zusammengefasst. Zusammen mit Jannik Dietz (Q1) engagiert sich Linus nun im Schularchiv des Martinums.

Das Bistumsarchiv in Münster ist eine Untereinheit der Abteilung Kunst und Kultur und somit der Großabteilung Zentrale Aufgaben des Bischöflichen Generalvikariat zugeordnet. Das Bischöfliche Generalvikariat ist der Verwaltungsapparat des Bistums Münsters. Die Abteilung Kunst und Kultur hat 36 Mitarbeitende, wovon zwölf dem Bistumsarchiv angehören. Dieses ist für alle Dokumente innerhalb des Generalvikariats zuständig. Keine andere Abteilung darf Aktenbestände entsorgen, ohne vorher Absprache mit dem Bistumsarchiv gehalten und gegebenenfalls ihre Dokumente übergeben zu haben. Diese, genau wie Akten aus den einzelnen Pfarreien und Verbänden, verzeichnet, konserviert, restauriert und sammelt das Bistumsarchiv und macht sie zur Benutzung verwendbar. Außerdem betreut es Benutzerinnen und Benutzer bei der Forschung mit Beständen und hilft Pfarreien und Verbänden mit eigenen Archiven bei der fachgerechten Aufbewahrung. Die Mitarbeitenden forschen auch selbst zur Geschichte und Entwicklung des Bistums und der einzelnen Pfarreien, so ist zum Beispiel das Forschungsthema des Leiters des Bistumsarchivs die Priesterausbildung im Bistum Münster während des Zweiten Weltkrieges. Das Bistumsarchiv ist zudem für die Aufbewahrung kircheneigener oder kirchennaher Zeitungen, Magazine und Broschüren zuständig. So sammelt es zum Beispiel ein Exemplar jeder Ausgabe der Zeitung Kirche + Leben. Heutzutage ist ein nicht zu unterschätzender Teil der Arbeit auch die Digitalisierung der Akten, welche beim Bistumsarchiv in Bezug auf ehemalige Kirchenbücher schon sehr fortgeschritten ist. So kann man im Internet unter Berücksichtigung des Daten- und Personenschutzes viele Tauf-, Hochzeits- und Sterbebücher aufrufen.
Während des Praktikums konnte ich jeden Tag selbst entscheiden, mit welcher Arbeit ich mich beschäftigte. Einen Teil meiner Arbeitszeit verbrachte ich mit der Familienforschung in meiner eigenen Familie. Dafür nutzte ich die oben genannte Internetseite. Zuerst suchte ich in dieser nach meiner Urgroßmutter, da ich bei ihr die meisten Informationen hatte und sie zudem im Bistum Münster geboren war. Ich fand sie ziemlich schnell in einem Taufbuch der Pfarrei, in der sie getauft wurde. In ihrem Taufeintrag konnte ich dann auch die Namen ihrer Eltern sehen. Jedoch wurde es schwierig diese in den Kirchenbüchern zu finden, da ich keine genauen Daten für sie hatte. Die Familienhistorikerin des Archivs zeigte mir das gängige Vorgehen in der Familienforschung, welches ich dann für weitere Erforschungen benutzte. Über die Internetseite ist es allen möglichen, selbst, von Zuhause aus, Familienforschung zu betreiben.
Weiterhin arbeitete ich mit einer Archivalie aus dem Jahr 1944/45, einem Neujahrsbericht eines Pfarrers, geschrieben in der sogenannten Kurrentschrift, welches eine alte Schreibweise des Deutschen ist. Meine Aufgabe war es, diesen Text zu transkribieren, ihn also aus der Kurrentschrift abzutippen, damit andere Leserinnen und Leser ihn einfacher verstehen können. Beim Transkribieren ist es wichtig, alles genau so zu übernehmen, wie es der Verfasser oder die Verfasserin geschrieben hat. So muss man selbst Korrekturen, Rechtschreibfehler und Abkürzungen übernehmen. Auch muss man da, wo der Autor die Zeile wechselt, ebenso die Zeile wechseln.
Ich habe mich während meines Praktikums durchgehend sehr wohlgefühlt und bin auch im Nachhinein sehr zufrieden. Ich bin der Meinung, dass ich sehr viel dazugelernt habe und mich das Praktikum in vielerlei Hinsicht weitergebracht hat. Vor dem Praktikum stand ich einem Beruf im Archiv noch sehr skeptisch gegenüber, und weiterhin glaube ich, dass man für die Arbeit als Archivar*in spezielle Interessen haben muss. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass ich genau diese Interessen habe und so kann ich mir gut vorstellen, dass ich später einen Beruf im Archiv wählen könnte. Mir hat es sehr gefallen, dass mir die Mitarbeitenden alles gezeigt haben und es mir möglich war, jeden Bereich des Archivs kennenlernen zu können, ich die Möglichkeit hatte, alleine entscheiden zu können, an welcher Aufgabe ich arbeite und sehr selbstständig arbeiten konnte. Darüber hinaus hilft mir das Praktikum schon jetzt unmittelbar. So konnte ich im Schularchiv einen in Kurrentschrift geschriebenen Text lesen und ich weiß, wie Archivalien gelagert werden sollten.
Im Moment arbeiten wir noch daran, Ordnung ins Schularchiv zu bringen. Als ersten Schritt haben wir die Schränke und Regale ordentlich aufgestellt. Als nächstes haben wir die Kurs- und Klassenbücher verzeichnet und haben angefangen, die Abiturientia Listen zu digitalisieren. Im Moment versuchen wir eine übersichtliche Regalordnung, in der wir die Archivalien des Archives ordnen, zu erstellen. Die Archivalien des Schularchives sind neben den Kurs- und Klassenbüchern auch Abitur- und Schülerzeitungen, Chroniken über jedes Jahr, Beiträge zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, Lehrerberichte, Schriftwechsel zwischen z.B. der Kommune und der Schule und Rechnungsbücher. Zusätzlich gibt es jedoch auch mehrere Exemplare von Emsdettener Tageszeitungen u.a. aus der NS- Zeit und Klassenarbeiten oder Klausuren von Schüler*innen, die am Martinum unterrichtet wurden.
Wenn Sie als ehemalige Schülerin oder als ehemaliger Schüler noch Schulerinnerungen haben. Seien es Arbeiten, Fotos, Unterlagen, etc. wenden Sie sich gerne per E-Mail an uns. Wir nehmen diese dann im Archiv auf oder digitalisieren sie und geben Ihnen das Original zurück. Sie können uns über linus.knappheide@martinum.de oder über jannik.dietz@martinum.de erreichen.